Ein Stipendium ist kein Hexenwerk

Bei der Begabtenförderung sollte man keine zu hohen Erwartungen haben

Kölner Stadt-Anzeiger, 23. März 2017

Die Abiturprüfungen stehen bevor. Die Zeit zum Lernen wird knapper, die Köpfe rauchen, doch so manche fragen sich schon: Was kommt danach? Welchen Weg schlage ich ein? Studium oder Ausbildung? Oder erst mal ein Jahr ins Ausland?

Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, über die Finanzierung seiner Pläne lohnt es sich, sich schon frühzeitig Gedanken zu machen. Ein Stipendium ist für viele ein Wunsch, der weit weg scheint. Doch noch nie standen die Chancen so gut wie heute, dass dieser Wunsch erfüllt wird.

Im Jahr 2015 erhielten 24 276 Studierende ein Stipendium, 10 861 Studierende mehr als noch vor 10 Jahren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schüttet so viele Fördergelder aus wie nie zuvor und auch die Zahl privater Stipendiengeber ist gestiegen. Die Chancen stehen also sehr gut. Auch ich habe mir dazu viele Fragen gestellt, als ich 2012 kurz vor meinen Abiturprüfungen stand. Wie finde ich das passende Stipendium? Wie kann ich in der großen Zahl der Bewerber herausstechen, sodass meine Bewerbung erfolgreich wird? Zunächst habe ich mir einen Überblick über die große Zahl verschiedener Stipendiengeber verschaffen. Geholfen haben mir dabei eine Infoveranstaltung an der Universität zu Köln und das Buch „Der Weg zum Stipendium“ (siehe Infokasten). Auch die Website www.stipendienlotse.de ist ein nützlicher Begleiter. Am Ende meiner Recherche stand für mich fest: Ich werde mich auf das Deutschlandstipendium und bei zwei der 13 staatlichen Begabtenförderwerke bewerben.

Während das Deutschlandstipendium nur aus einer finanziellen Förderung über 300 Euro pro Monat besteht, bieten die Begabtenförderwerke nicht nur den BAföG-Satz von bis zu 735 Euro pro Monat als Vollstipendium und einer zusätzlichen einkommensunabhängigen Studierendenkostenpauschale von 300 Euro pro Monat, sondern vor allem auch eine Betreuung der Stipendiaten und eine immaterielle Förderung durch Seminare und Fortbildungen. Entscheidende Vorteile für mich, sich dem aufwendigeren Bewerbungs- und Auswahlprozess der Begabtenförderwerke zu stellen. Unter den 13 verschiedenen Begabtenförderwerken finden sich Werke zu jeder politischen oder konfessionellen Richtung sowie die Studienstiftung des deutschen Volkes als partei- und konfessionsunabhängiges Förderwerk.

Wegen meines gesellschaftlichen Engagements und meiner Leidenschaft für den Journalismus fiel meine Entscheidung auf die Konrad-Adenauer-Stiftung als politisches Förderwerk, da sie ein breites Seminarangebot und eine spezielle Journalistenförderung bietet. Als ersten Schritt des Bewerbungsprozesses musste ich meinen Lebenslauf, Empfehlungsschreiben von einem Lehrer und einer Person, die Aussagen zu meinem gesellschaftlichen Engagement machen konnte, einreichen.  Anschließend habe ich an einem zweitägigen Auswahlseminar teilgenommen. Kurze Zeit später freute ich mich, als ich den Brief mit meiner Zusage in den Händen halten durfte.

Doch sind Stipendiaten alle Übermenschen mit herausragendem Abitur und die sich gesellschaftlich engagieren? Nein, auch ohne 1,0 lohnt es sich, die Chance auf ein Stipendium wahrzunehmen. Heute, nach vier Jahren in der Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung ist mir bewusst, wie unterschiedlich die Wege zum Stipendium sein können.

Vom Hauptschüler, der nach einer Lehre und einigen Jahren Berufstätigkeit sein Abitur an der Abendschule nachholt und danach noch ein Studium aufnimmt bis zum jungen Abiturienten, der direkt nach der Schule anfängt zu studieren: Die Lebensläufe der Stipendiaten sind sehr unterschiedlich und häufig nicht frei von Brüchen. Und das macht mein Stipendiatenleben so spannend. Auf unseren Seminaren lerne ich immer wieder neue Menschen mit besonderen Werdegängen und herausragenden Talenten kennen. Und doch sind alle Stipendiaten normale Menschen. Auch sie tun sich in Klausuren schwer oder müssen sich in ihrer Studienfachrichtung nach wenigen Semestern noch einmal umorientieren.

Durch die Begleitung durch Vertrauensdozenten der Stiftung wird uns geholfen, den richtigen Weg zu finden. Frei von Ansprüchen ist die Konrad-Adenauer-Stiftung nicht: „Fördern und Fordern“ ist ihr Motto. Die Stipendiaten müssten weiterhin gesellschaftliches Engagement zeigen, an Seminaren teilnehmen und gute akademische Leistungen bringen. Das kann einen unter Druck setzen. Dafür merke ich immer mehr, wie ich im Laufe der Förderung an den Herausforderungen reife, immer selbstbewusster werde und von dem geknüpften Netzwerk profitiere.

Lukas B. Kohlenbach

Literatur:

„Der Weg zum Stipendium“, Max-Alexander Borreck, Jan Bruckmann, squeaker.net GmbH, 2. Auflage, 2011, ISBN 978-3-940345-202, 19,90 Euro

Stipendienlotse.de – Stipendiendatenbank des BMBF

Stipendiumplus.de – Informationen zu den 13 Begabtenförderwerke