Milchautomat – Tankstopp am Kuhstall

Kölner Stadt-Anzeiger, 8. Juni 2011

Bergisch Gladbach – Leo wirft ein paar Münzen in den Automaten. Dann drückt er einen Knopf. Es rumort und gluckert und schon schießt ein Getränk aus dem Zapfhahn heraus. Doch Leo zapft nicht etwa einen Softdrink, sondern ein für Kinder heute gar nicht mehr so übliches Getränk: frische Milch!

Leo und sein Vater, Bauer Michael van Elst, erklären stolz ihre neue „Milchtankstelle“, die erste in Bergisch Gladbach. In einem kleinen Häuschen auf ihrem Bauernhof zwischen Sand und Heidkamp, nahe dem Lerbacher Schloss, haben sie einen Automaten aufgestellt, an dem rund um die Uhr, an sieben Tagen der Woche, Milch „getankt“ werden kann. Seit Dezember bietet Bauer van Elst hier Rohmilch zum Preis von 70 Cent pro Liter an – unbehandelt, „direkt von der Kuh“!

Frisch heißt frisch

Auch heute noch legen viele Menschen Wert auf wirklich frische Milch. Auch Bauer van Elst beteuert: „Frisch heißt für mich frisch! Da möchte ich nicht, dass meine Milch durch Verfahren, die meiner Meinung nach Geschmack und Qualität mindern, für einen Monat oder länger haltbar gemacht wird.“ Schon vor 15 Jahren kam er deshalb auf die Idee, einen Milchautomaten einzurichten. Doch die Technik war damals zu kompliziert und nicht kundenfreundlich. Als er zusammen mit einem Kollegen letztes Jahr das Automatenkonzept der nordrhein-westfälischen Firma Risto entdeckte, war für ihn klar: Das muss er haben!

Die Bedienung ist einfach: Nachdem einige Münzen oder aber auch Scheine eingeworfen worden sind, kann die Rohmilch in beliebiger Menge und jede Art von Behälter abgefüllt werden. Der Automat berechnet den Preis centgenau und spuckt das Wechselgeld wieder aus. Vor dem Verzehr der Rohmilch wird jedoch empfohlen, diese noch einmal kurz abzukochen.

Bauer van Elst möchte damit jedem die Möglichkeit bieten, frische Rohmilch zu kaufen, die zudem noch von Kühen stammt, die gentechnikfreies Futter bekommen und in der warmen Jahreszeit auf den Feldern rund um den Bauernhof weiden. „Wir Bauern geben jeden Tag alles dafür, dass unsere Milch ein hochwertiges und gesundes Produkt wird. Doch was mit diesem passiert, wenn es von der Molkerei abgeholt worden ist, darum kümmern wir uns wenig.“

Tankkunden zu jeder Tageszeit

Der Stallverkauf zur Melkzeit um 18 Uhr brachte aber schon seit Jahren nicht mehr den gewünschten Erfolg. „Die Zeit kann sich heute keiner mehr einrichten“, erzählt van Elst. Die Milchtankstelle hingegen wird sehr gut angenommen. „Zu jeder Tageszeit kommen hier Leute vorbei. Eine alte Dame beispielsweise vormittags, Geschäftsleute abends nach der Arbeit, wenn wir schon längst schlafen oder Wanderer und Radfahrer, wenn sie gerade Zeit haben. Jeder kann sich das einrichten, wie er möchte!“ Auch Jan Hardt kommt auf seinen Fahrradtouren immer wieder spontan vorbei, und nimmt eine Flasche Milch mit. Vor drei Wochen hat er die Milchtankstelle eher zufällig entdeckt und ist wirklich begeistert. „Das ist eine tolle Idee! Die Milch schmeckt richtig gut.“ Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Immer wieder hinterlassen begeisterte Kunden kleine Zettel und bedanken sich bei Bauer van Elst. Dieser ist erfreut über den Erfolg seines Milchautomaten. „Ich bin zuversichtlich, dass sich die Anschaffungskosten von über 12 000 Euro auf lange Zeit rentieren!“, hofft er. Doch bei allem Erfolg bleibt die Milchtankstelle nur ein Nebenverdienst. Der Hauptteil der Milch wird immer noch von der Molkerei abgeholt – für gerade einmal 20 bis 30 Cent pro Liter!

Von all dem weiß der kleine Leo noch wenig. Er genießt die Milch von „seinen“ Kühen und möchte Milch aus dem Supermarkt gar nicht trinken. Mit der neuen Milchtankstelle können sich nun alle zwischen Rohmilch von der Kuh und Vollmilch aus dem Regal entscheiden.

Lukas B. Kohlenbach

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